Heilige Orte, Tempel, Götterbilder

 

Hier in der Eifel gibt es viele Heilige Orte, an denen schon in frühen Zeiten Kultplätze entstanden, wo Kelten, Römer und später Christen dem Göttlichen in den von ihnen verehrten Formen und Bildern huldigten. In der Nähe von Nettersheim-Pesch befindet sich der sogenannte „Heiden-Tempel“ auf einem kleinen Berg. Umrahmt von alten Eichen und Hainbuchen ist dieser Platz noch heute ein Heiliger Ort, die Stille und Besonderheit der Anlage empfängt den Besucher mit ihrer mystischen Ausstrahlung und führt ihn unmittelbar zu andächtigem Schauen und Schweigen.

 

              

 

Auf einer geraden Linie befinden sich noch ein weiterer kleiner Tempel in Zingsheim und die Görresburg in Nettersheim (weitere Informationen über den römischen Matronenkult in der Nordeifel findet Ihr bei Sophie Lange auf ihrer Webseite).

Jeder kleine Ort hier hat seinen Mittelpunkt, die alles überragende Kirche, die schon seit mehreren hundert Jahren für die kleinen Gemeinden der Anker in guten wie in schlechten (und davon gab es sicher mehr) Zeiten war und immer noch ist. Jede Kirche ist einem oder einer bestimmten Heiligen gewidmet bzw. geweiht, zu dem die Ortschaft eine besondere Bindung unterhält. Die Kirchenfeste werden noch traditionell gefeiert, heilig und festlich sowie fröhlich und dankbar.

 

  

St. Lambertus, Nettersheim-Tondorf

 

Das Christentum unserer Heimat unterscheidet sich nicht im Geringsten von der tiefen Religiosität in anderen Erdteilen, wo ebenfalls Tempel gebaut wurden, um das Göttliche zu verehren, wo man wie bei uns vor Bildern und Statuen Lichter aufstellt und betet. Lediglich die Bilder und Figuren sind anders, die Namen der Heiligen, die Sprachen, in welchen die Gebete gesprochen werden und natürlich sind auch die Rituale in Indien anders als hier. Besonders in Indien sieht man riesige Tempelanlagen von ungeheuren Ausmassen, in welche zu Heiligen Festen Hunderttausende Menschen zusammen kommen. Aber auch in Asien und dem dort vorherrschenden Buddhismus haben die Menschen Gott zu Ehren wunderschöne und prächtige Tempel gebaut.

 

Arunachaleswara-Tempel, Tiruvannamalai, Tamil Nadu, Südindien
(vom Heiligen Berg „Arunachala“, dem Wohnsitz Shivas, aufgenommen 2010)

 

In unserer heutigen, technisch so fortschrittlichen Zeit, wo „Gottes-dienst“ nicht mehr als notwendig angesehen wird und überhaupt die Verbindung zu Gott zweifelhaft in Frage gestellt wird, werden oft auch die Heiligtümer der Religionen nur noch als Artefakte längst vergangener Epochen betrachtet.

 

Seitenaltar in der Basilika der Benediktinerabtei Ottobeuren, Allgäu

 

Hierzu gebe ich auszugsweise eine kleine Betrachtung des indischen Gelehrten Sri Chandrasekarendra Saraswati wieder, der wunderschön die Verehrung Gottes im Tempel und über Zuhilfenahme von Bildern und Statuen erklärt:

„Gott existiert überall.

Deshalb könnte eine Frage lauten: „Warum sollten dann überhaupt Tempel für IHN gebaut werden?“
Wir wissen, daß Gott allgegenwärtig existiert, aber diese Vorstellung ist in unserem Verstand noch nicht fest verankert. Sie spiegelt sich nicht in unseren täglichen Handlungen wider:
Wenn man ständig Gott vergegenwärtigt, wie kann dann überhaupt falsches und böses Handeln entstehen?
Wenn Gott also allgegenwärtig ist, wie kann ER uns helfen? Wir sehnen uns alle irgendwie nach seiner Gnade. Also haben wir uns IHM hinzugeben und erhalten die Gnade. Die alten religiösen Texte erklären uns, wie das zu bewerkstelligen ist.
Die Sonnenstrahlen enthalten eine Menge Hitzeenergie. Wenn wir ein Kleidungsstück in die Sonne legen, entzündet es sich nicht von selbst. Aber wenn wir eine Lupe nehmen und die Sonnenstrahlen auf das Kleidungsstück bündeln, wird es nach einer Weile Feuer fangen.
Ähnlich ist es bei Elektrizität, die überall vorhanden ist, aber um sie zu unserem täglichen Gebrauch nutzbar zu machen, benötigen wir Transformatoren und Übertragungssysteme, um sie an die Orte des Bedarfs zu bringen.
Auf gleiche Weise müssen wir Tempel bauen, um die Gnade des allgegenwärtigen Gottes zu erlangen; hier können wir die Macht Gottes einfach auf ein geweihtes Bild oder eine Figur zu unserer Erbauung konzentrieren.
Die Verehrung dieser Statuen (Götterbilder) ist in unserer Religion sehr wichtig für die Allgemeinheit. Wenn wir uns vor einer Gottesdarstellung verbeugen oder vor der Gottheit in dem geweihten Abbild beten, denken wir niemals, daß dies nur ein Stück Stein wäre, sondern daß die Gottheit in dem geweihten Abbild der Beschützer und die Urquelle der ganzen Schöpfung ist. Folglich helfen die Tempel dem Menschen bei seiner Hingabe an Gott und diese Hingabe hilft ihm, sein Leiden zu lindern oder gar zu überstehen.“ (soweit Sri Chandrasekarendra Saraswati)

In unserer christlichen Tradition werden die „Götterbilder“ als „Gnadenbilder“ bezeichnet. Wenn wir davon ausgehen, daß alles aus einer Quelle kommt und alle verehrungswürdigen Heiligen, Bhoddisatvas und Avatare Lichtstrahlen der gleichen Sonne sind, sollten wir jeden anders-gläubigen Menschen ebenfalls als einen Gläubigen betrachten, der zwar andere Rituale, andere Bilder und Statuen als wir für die Verehrung Gottes benutzt, die ihm aber genauso heilig sind, wie es uns unsere sind.

Bei Rudolf Steiner, dem großen Geist und Begründer der Anthroposophie, fand ich folgende Erklärung:

„Die Religionen haben in ihren Zeremonien, Sakramenten und Riten äußerlich sichtbare Abbilder höherer geistiger Vorgänge und Wesen gegeben. Nur wer die Tiefen der großen Religionen noch nicht durchschaut hat, kann diese verkennen. Wer aber in die geistige Wirklichkeit selbst hineinschaut, der wird auch die große Bedeutung jener äußerlich sichtbaren Handlungen verstehen. Und für ihn wird dann der religiöse Dienst selbst ein Abbild seines Verkehrs mit der geistig übergeordneten Welt.“